Schwarzenbach LU Beinhaus

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Das Beinhaus
Beschreibung

Der kleine, kubische Bau (4x4 m) verfügt über ein geschwungenes Zeltdach und eine grosse, rundbogige Eingangsöffnung. Der Innenraum weist ein Kreuzgratgewölbe und nur noch fragmentarische erhaltene Grisaillemalereien auf. Sie zeigen Gerippe mit den üblichen Todesattributen: Pickel, Schaufel, Sense, Stundenglas und Pfeil. Ihre Wirbelsäulen und Rippen sind eher schematisch gestaltet, die mumifizierten Köpfe mit spärlichen Haaren und unterschiedlicher Gestaltung der Augenpartien drücken jedoch mehr Individualität aus. Die halbfigurigen Skelette in den Gewölbekappen links, rechts und über dem Eingang halten über ihren Schädeln gerahmte Inschrifttafeln, deren Texte heute nur noch teilweise vorhanden sind oder ganz fehlen. Das gleiche gilt für die zwei ganzfigurigen Todesgestalten mit entrollten Schreiben im unteren Teil der Gewölbezwickel beim Übergang zum Chor. An der Chorwand, beidseits einer nur circa 15 cm tiefen, simsartigen Altarplatte, bedecken sich zwei Tote fast verschämt mit einem Tuch, das ehemals ebenfalls beschriftet war. Im Gewölbe über dem Altar ist eine Heiliggeisttaube dargestellt. Vertieft wird die Memento-mori-Thematik durch eine grössere Inschrifttafel an der linken und ein Inschriftband über dem Monogramm „IHS“ an der rechten Wand.

Es handelt sich im eigentlichen Sinn nicht um einen Totentanz, weil der Lebende, der vom Tod abgeholt wird, fehlt. An seine Stelle tritt der Beinhausbesucher, der mit seiner Vergänglichkeit konfrontiert wird.

Lage

Beinhaus neben der Pfarrkirche von Schwarzenbach, Gemeinde Beromünster LU.

Gemeinde
Schwarzenbach - Beromünster
Kanton
Luzern

Datierung

Die genaue Entstehungszeit des Beinhauses ist nicht bekannt. Die Malereien stammen vermutlich aus der Zeit des Neubaus der Kirche um 1680/81. Darunter sind noch Reste von zwei früheren Fassungen nachgewiesen.

Künstler

Unbekannt. Gemäss Reinle sind die Todesgestalten eng mit dem Totentanz im Beinhaus von Hasle (1687) verwandt, die dem Luzerner Maler Jakob Fleischlin zugeschrieben werden. Die schlecht erhaltenen Malereien wurden jedoch bei der Restauration von 1977/78 vergröbert, so dass sich die Ähnlichkeit mit Hasle nicht mehr nachweisen lässt.

Auftraggeber

unbekannt.

Restaurierungen

1977/78.

Beschaffenheit

Gelb getönte Grisaillemalereien, Inschriften grau.

Masse

Chorwand, ganzfigurige Gerippe beidseits des Altars: ca. 80 x 43 cm und 85 x 52 cm.

linke Wand: Inschrifttafel: 114 x 84 cm.

Gewölbekappe links, halbfiguriges Gerippe mit Schaufel und Spaten: ca. 95 x 85 cm.

Gewölbekappe rechts, halbfiguriges Gerippe mit Pfeil: ca. 100 x 63 cm.

Gewölbekappe über Portal, halbfiguriges Gerippe ohne Attribut: ca. 100 x 56 cm.

Gewölbezwickel, ganzfigurige Gerippe, links mit Sense / rechts mit Sanduhr: ca. 80 x 63 cm.

Inschriften

Die Malereien der linken Seite sind am besten erhalten. Die grosse Inschrifttafel mahnt, angesichts der Gebeine daran zu denken, dass der Tod alle gleich macht, und hält - wie in der „Begegnung der Drei Lebenden und Drei Toten“ - fest:  „(...) wir waren all was du Jetzt bist.“ In der Gewölbekappe verlangt ein Gerippe, beim Gebrauch von Pickel und Schaufel, auch daran zu denken, dass damit das Grab ausgehoben wird. Möglicherweise wurden im Beinhaus nicht nur Gebeine aufbewahrt, sondern auch Tote aufgebahrt, denn das entrollte Schreiben des ganzfigurigen Gerippes im Gewölbezwickel hält fest, dass auch der unlängst verschiedene Tote auf der Bahre nur eines verkünde, nämlich dass alle Menschen sterben müssen. Die übrigen Inschriften sind weitgehend zerstört.

Bemerkungen

Das ehemalige Beinhaus ist frei zugänglich. Es dient heute auch als Depot für eine alte Glocke und Utensilien des Totengräbers und Friedhofgärtners.

Literatur

Adolf Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, Bd. IV, Das Amt Sursse, Basel, 1956, S. 366.

Regula Odermatt-Bürgi, Todesdarstellungen in der Innerschweizer Kunst vom 14. bis 18. Jahrhundert, in: Der Geschichtsfreund, Bd. 149, Stans, 1996, S. 125-191 (S. 183-187, Abb.). (www.e-periodica.ch/digbib).

Johann Rudolf Rahn, Zur Geschichte des Totentanzes, in: Der Geschichtsfreund, Bd. 36, 1881, S. 211-233 (S. 218). (www.e-periodica.ch/digbib).

Tanz der Toten – Totentanz. Der monumentale Totentanz im deutschsprachigen Raum. (Ausstellung des Museums für Sepulkralkultur Kassel; Idee und Konzeption: Reiner Sörries). Detellbach, 1998, S. 222-223, Abb.

Bilder

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Chor links
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Chor rechts
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Linke Seite: Inschrifttafel an der Wand und Skelett im Gewölbe
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Linke Seite: Inschrifttafel an der Wand und Skelett in der Gewölbekappe
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Linke Seite: Skelett im Gewölbezwickel und Skelett an der Chorwand
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Linke Seite: Skelett im Gewölbezwickel und Skelett an der Chorwand
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Rechte Seite: Skelett im Gewölbezwickel
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Rechte Seite: Skelett in der Gewölbekappe

Erfassung

Regula Odermatt-Bürgi 2018.